Diese Gefährdungsbeurteilung dient dem präventiven Mutterschutz und ist anlassunabhängig, d.h. sie ist unabhängig von einer konkreten oder bekannten Schwangerschaft vom Arbeitgeber durchzuführen. Auch wenn gerade niemand der Arbeitnehmer schwanger ist, oder auch niemals schwanger werden kann, muss die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Sie muss selbst dann erfolgen, wenn der Arbeitgeber keine weiblichen Beschäftigten hat. Dieses Vorgehen hat der Gesetzgeber aus Gründen des Diskriminierungsschutzes vorgesehen, weil Arbeitsplätze geschlechtsunabhängig zu vergeben sind.
Wird diese Gefährdungsbeurteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig durchgeführt, kann ein Bußgeld von bis zu 5.000 Euro verhängt werden.
Der Gesetzgeber hatte jedoch am Schluss des Gesetzespaketes, mit dem die Reform des Mutterschutzgesetzes verabschiedet wurde, eine Schonfrist zur Umsetzung für die Arbeitgeber vorgesehen, so dass die Bußgeldvorschrift für das Fehlen oder nicht rechtzeitige Erstellen der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung erst ab 1. Januar 2019 in Kraft tritt.
Inhalt der Gefährdungsbeurteilung nach MuSchG
§ 10 Beurteilung der Arbeitsbedingungen; Schutzmaßnahmen
(1) Im Rahmen der Beurteilung der Arbeitsbedingungen nach § 5 des Arbeitsschutzgesetzes hat der Arbeitgeber für jede Tätigkeit
- die Gefährdungen nach Art, Ausmaß und Dauer zu beurteilen, denen eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind ausgesetzt ist oder sein kann, und
- unter Berücksichtigung des Ergebnisses der Beurteilung der Gefährdung nach Nummer 1 zu ermitteln, ob für eine schwangere oder stillende Frau oder ihr Kind voraussichtlich
- keine Schutzmaßnahmen erforderlich sein werden,
- eine Umgestaltung der Arbeitsbedigungen nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 erforderlich sein wird oder
- eine Fortführung der Tätigkeit der Frau an diesem Arbeitsplatz nicht möglich sein wird.
Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(2) Sobald eine Frau dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, dass sie schwanger ist oder stillt, hat der Arbeitgeber unverzüglich die nach Maßgabe der Gefährdungsbeurteilung nach Absatz 1 erforderlichen Schutzmaßnahmen festzulegen. Zusätzlich hat der Arbeitgeber der Frau ein Gespräch über weitere Anpassungen ihrer Arbeitsbedingungen anzubieten.
(3) Der Arbeitgeber darf eine schwangere oder stillende Frau nur diejenigen Tätigkeiten ausüben lassen, für die er die erforderlichen Schutzmaßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 getroffen hat.
Wie kann die generelle Gefährdungsbeurteilung nach MuSchG in der Praxis umgesetzt werden?
Die für den Mutterschutz zuständigen Aufsichtsbehörden in den einzelnen Bundesländern geben teilweise praktische Arbeitshilfen und Vorlagen zur Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Mutterschutzgesetz heraus. Soweit Vorlagen noch nicht aktualisiert wurden, findet sich vielfach der Hinweis, dass solange noch die alten Vorlagen zur Gefährdungsbeurteilung verwendet werden sollen.
Nachfolgend beispielhaft einige Vorlagen und Arbeitshilfen der Aufsichtsbehörden:
- http://gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/34397/
- http://www.arbeitswelt.hessen.de/sites/awh/files/dateien/checkliste_0.pdf(Vorlage September 2018)
- https://broschueren.nordrheinwestfalendirekt.de/broschuerenservice/mags/gefaehrdungsbe-urteilung-am-arbeitsplatz/771 (sehr ausführliche Borschüre mit Arbeitshilfe)
- https://www.gewerbeaufsicht.niedersachsen.de/arbeitsschutz/mutterschutz/downloads/ratge-ber-zum-thema-mutterschutz-52138.html (Vorlage Oktober 2018)
Der Arbeitgeber hat diese generelle Gefährdungsbeurteilung nach MuSchG zu dokumentieren (§ 14 Abs. 1 MuSchG) und alle Mitarbeiter über das Ergebnis und die ggf. erforderlichen Schutzmaßnahmen nach 10 Abs: 1 Satz 1 Nr. 2 MuSchG zu informieren. Zur Dokumentation bieten sich vielfach die Muster der Aufsichtsbehörden an.
Die Gefährdungsbeurteilung nach MuSchG ist aktuell zu halten und bei z. B. Umgestaltung von Arbeitsbereichen, Änderungen der Arbeitsorganisation oder neuen Informationen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz zu aktualisieren. Die Gefährdungsbeurteilung sollte daher von Zeit zu Zeit überprüft und ggf. überarbeitet werden.
Sobald der Arbeitgeber von einer Mitarbeiterin erfährt, dass sie schwanger ist oder stillt, muss unverzüglich die konkrete Gefährdungsbeurteilung vorgenommen werden (§ 10 Abs. 2 MuSchG). Konkretisierung bedeutet, dass die bereits vorliegende anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung für den Einzelfall (die schwangere Mitarbeiterin) überprüft und ggf. erforderliche Schutzmaßnahmen festgelegt werden müssen. Gem. § 14 Abs. 3 MuSchG ist das Ergebnis der Schwangeren/Stillenden mitzuteilen.
Auch für die konkrete Gefährdungsbeurteilung und die Dokumentation sind in den eingangs erwähnten Vorlagen Arbeitshilfen für die Praxis enthalten.